Mein erster Bär und mein erster Luchs

Eingereicht von Looduskalender - Mi., 12.09.2018 - 21.09
Avapilt
Sisu

Junge Bären im August in einer Forstschneise. Neugierig!
Foto und Text: Remo Savisaar

Estnische Version publiziert vom Tier-des-Jahres-Team 1.9.2018
Übersetzung ins Englische Liis; vom Englischen ins Deutsche Leonia

 

Mein erstes Zusammentreffen mit einem Luchs fand vor 9 Jahren Anfang September statt. Zu dieser Zeit besuchte ich das Alam-Pedja Naturschutzgebiet recht häufig. Zu der Zeit schien es mir wie ein Paradies. Ich kann mich an keinen einzigen ergebnislosen Besuch erinnern und jedes Mal war die Aufregung unermesslich. Was würde ich heute antreffen? Ich habe immer ein interessantes Säugetier oder ein Lebewesen mit Schwingen gesehen. Rehe, Elche, Füchse, Marderhunde. Ich wagte nicht viel von größeren Kreaturen zu träumen, aber ich dachte an Luchse. Es gab Fährten und da gab es Hoffnung!


An einem frühen Augustmorgen entlang einer Wiese und dann durch Forstschneisen und Wald-Lichtungen wandernd, gelang es mir Elchkälbern und danach auch ihrer Mutter zu begegnen. Nachdem ich sie beobachtet und fotografiert hatte, ging ich leise in den angrenzenden Wald, um von dort zum nächsten Weg zu gelangen. Als ich den nächsten Forstweg erreichte, schien er leer zu sein. Sicherheitshalber überprüfte ich beide Richtungen durch die Kameraoptik und sah dann ungefähr 300 m entfernt etwas sich bewegen. Ich vermutete, dass es ein Wildschwein sei, weil das Tier groß und dunkel war. Näher kommend zeigte sich jedoch schnell, mit wem ich es zu tun hatte. Es war ein Bär! Mein erster Bär! Und wie es sich wenige Minuten später herausstellte, waren es sogar zwei! Ich war begeistert, weil ich seit langem davon träumte, einem Bär in der Natur zu begegnen. Einen Bär, Luchs oder Wolf in der Natur zu sehen ist eine großartige Sache. Ich wanderte viele Kilometer entlang von frischen Bären-, Wolfs- oder Luchsfährten, ohne sie zu sehen.

Ich machte ein paar Fotos aus der Ferne und fragte mich, ob sie meine besten Bärenbilder bleiben würden. Mit zittrigen Fingern begann ich schnell alte Bilder zu löschen, weil die 2GB-Speicherkarte mit Elchfotos gefüllt war. Ich konnte mir nicht genug Vorwürfe machen, weil ich die zusätzliche Speicherkarte im Auto vergessen hatte. Sie war immer in meiner Jackentasche, aber gerade jetzt, wo ich sie brauchte, hatte ich sie im Auto vergessen.

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Ich machte noch ein paar Bilder. Die Bären waren sehr klein auf den Fotos. Ich entschied mich zu versuchen, ein wenig näher zu gelangen. Ein Bär ist ein recht scheues Tier und läuft sofort los, wenn ihm der Geruch eines Menschen in die Nase steigt, nicht davon zu reden, wenn er ihn sieht. Ich versuchte meine Zeit zu nutzen und begann besonders leise näher zu schleichen. Der Wind war günstig. Etwa eine halbe Stunde später war ich 40 Meter von der Stelle entfernt, wo die Honigpfoten gerade abgetaucht waren. Ich stand wartend und hoffte, dass die Bären erneut auftauchen würden und am selben Fleck herauskämen. Eine Minute … fünf… zehn … vergingen … und er kam! Unglaublich! Direkt in meine Richtung. Irgendwann kroch auch der zweite Bär heraus, worauf der erste Bär anhielt, zum zweiten schaute und auf ihn wartete. Nachdem er auf seinen Kumpanen gewartet hatte, näherten sie sich einige weitere Schritte. Im nächsten Augenblick wurde der hintere Bär darauf aufmerksam, dass es auf dem Weg eine verdächtige geduckte Gestalt gab. Zudem stoppte der erste. Im Kopf ging mir der Gedanke herum, dass wenn dies zwei Jungbären sind, würden sie ihre Mutter in der Nähe haben? Und wenn ja, wo? Mir wurde ein wenig mulmig, denn ähnlich wie bei Elchen ist es sehr gefährlich, zwischen eine Bärenmutter und ihre Jungen zu geraten.

Um mich besser zu sehen, erhob sich der hintere Bär auf die Hinterbeine und verwandelte sich so in einen ziemlichen Brocken. Ich fotografierte, aber der Bär passt nicht in den Ausschnitt. Ich drehte die Kamera ins Hochformat und sah, wie die aufrecht stehende Honigpfote nach rechts abzog.

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Danach erhob sich der Bär, der auf allen Vieren gestanden hatte. Alle möglichen Gedanken drehten sich in meinem Kopf. Der Bär ließ sich nieder und kam ein paar Schritte näher und überschritt meine Toleranzdistanz. Schließlich folgte er ebenfalls seinem Gefährten. Ich fühlte Erleichterung. Das Verschwinden der beiden Bären ging schnell und im Wald krachte es, als ob Bäume brachen. Es hatte nicht viel gefehlt, und ich hätte mich selbst zum Handeln entschließen müssen. Wahrscheinlich hätte ich den ersten Bären angeredet und wenn der Bär danach noch dageblieben wäre, hätte ich mit wütender Stimme gesprochen, wäre aufgestanden und hätte mich größer gemacht. Alles endete gut und in Frieden. Ich war sehr glücklich und voll starker Empfindungen. Solche einen Morgen hätte ich nie erwartet.

Nach diesem Zusammentreffen ging ich morgens viele Male, um nach einer weiteren Begegnung zu schauen.

Einen Monat später war ich in der gleichen Gegend und beobachtete das Verhalten eines Rehes, bis es im Wald verschwand. Ich bewegte mich leise näher zu der Stelle und hielt an, irgendwie war es so, als ob dort noch etwas wäre und mich beobachtete?! Ich hob die Kamera und schaute durchs Objektiv. Oha! Es war ein Luchs! Ich erstarrte zur Bewegungslosigkeit und beobachtete die Wildkatze durch die Optik. Ich war bereits vom Luchs entdeckt worden und hatte nicht einmal Zeit, darüber nachzudenken, bevor der Luchs von der Lichtung in den Wald verschwand. Ich prüfte schnell die Bilder auf dem Kamera-Display – hatte ich es geschafft, die Begegnung einzufangen? Und da war er – mein erster Luchs!

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Remo Savisaar 

 

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