Wissenschaftsnachrichten aus dem Jahr der Kohlmeise übermittelt von Marko Mägi, marko.magi@ut.ee
Foto Arne Ader
Übersetzung vom Estnischen ins Englische Liis
Vom Englischen ins Deutsche Leonia
Blaumeise
Habichtsaugen, Adleraugen – die Ausdrücke kommen von den scharfen Augen der Vögel.
Vögel, deren Sehfähigkeit deutlich besser ist als die der Menschen, sind auch in der Lage, für das menschliche Auge unsichtbares Licht zu sehen – Strahlen im UV-Bereich des Spektrums. Die Sehfähigkeit der Vögel endet damit jedoch nicht. Da viele Vögel ihre Beute in der Luft fangen, müssen sie eine große Anzahl an Details der Bewegungen unterscheiden, um erfolgreich zu sein. Während ein menschlicher Zuschauer das, was auf einer Filmleinwand geschieht, als einheitlich glatt ablaufende Bewegung sieht, während er tatsächlich auf Bilder schaut, die sich mit 24 Aufnahmen pro Sekunde verändern, können Vögel viel mehr Aufnahmen pro Sekunde unterscheiden.
Bisher war die Fähigkeit des Hochgeschwindigkeitssehens von Insekten bekannt, aber wie schnell sehen Vögel? Wissenschaftler der Universitäten von Uppsala und Stockholm haben mit Blaumeisen, Trauerschnäppern und Halsbandschnäppern Experimente durchgeführt, in denen sie die Vögel trainierten, bei LED-Lampen, die mit Frequenzen von 50 mal je Sekunde (50 Hz) bis zu 2000 Hz blinkten. 2000 Hz ist eine Frequenz, die lebenden Organismen als einheitlicher Lichtfluss erscheinen sollte. Zu Beginn des Experiments wurde mit einer mit 50 Hz arbeitenden Lampe den Vögeln Futter angeboten und die Vögel lernten, dass Futter nur bei Licht zu haben war. Danach wurde die Flackerfrequenz des Lichts stufenweise angehoben, bis die Vögel nicht mehr unterscheiden konnten, bei welcher Lampe das Futter war.
Auf Basis von Körpermasse und Stoffwechselrate hatten die Wissenschaftler angenommen, dass im Experiment die Unterscheidung der Vögel zwischen den Flackerfrequenzen im Maximum bei 100 Hz läge. Die Vögel jedoch übertrafen die theoretisch errechneten Zahlen deutlich, was darauf schließen lässt, dass die Entwicklung einer schnellen Sehfähigkeit eine begünstigende Eigenschaft in der Evolution war.
Bei den Experimenten konnten Blaumeisen im Mittel 129 Hz-, Halsbandschnäpper 127 Hz- und Trauerschnäpper bis zu 137 Hz-Lampen unterscheiden und die Sehfähigkeit eines Trauerschnäppers erreichte sogar 146 Hz. Diese Ergebnisse übertreffen die bisher bekannten Daten über Wirbeltiere um fast 50 Hz. Die Sehfähigkeit der Vögel ist ferner auch von der Lichtintensität der Lampen abhängig – bei schwächerem Licht war die Unterscheidungsfähigkeit der Vögel geringer. Dies kann erklären, warum Meisen und Schnäpper so viel Tageslicht wie möglich für die Nahrungssuche nutzen, da die Aktivität der Insekten dann größer ist und ihre schnelle Sehfähigkeit für das Fangen der Beute am besten genutzt werden kann.
Alle Vogelarten des Experiments sind gute Flieger und geschickt im Manövrieren in Dickichten. Während Blaumeisen während der Brut bevorzugt Nahrung in Baumkronen suchen, fangen Schnäpper ihre Beute auch direkt aus der Luft und die Fähigkeit, Objekte schnell zu unterscheiden, hilft dabei, die visuellen Informationen im Dickicht zu verarbeiten und auf die Bewegungen der Beute zu reagieren. Die Flugmanöver, die uns unglaublich erscheinen, können auf dieser sehr guten Sehfähigkeit beruhen.
Boström et al. 2016. Ultra-Rapid Vision in Birds. PLoSONE 11:e0151099. doi:10.1371/journal.pone.0151099
Trauerschnäpper