„Heiße“ Spuren vom Luchs und Angstrufe eines Hasen oder wie ich es verpasste, einen Luchs anzutreffen

Eingereicht von Looduskalender - Di., 10.04.2018 - 23.06
Avapilt
Sisu

Jagdplatz eines Luchses.
Foto: Ingmar Muusikus

Estnischer Text publiziert vom „Tier-des-Jahres“-Team 7.4.2018
Übersetzung ins Englische Liis; vom Englischen ins Deutsche Leonia

 

Zu Ende des Winters und Beginn der Schneeschmelze ergänzt Ingmar Muusikus noch eine weitere Geschichte über Luchsspuren.

Mitte März fuhr ich in Kõrvemaa zwischen Mooren entlang in Richtung der Kiigumõisa-Quellen. Wegen des gerade beendeten dichten Schneefalls hatte ich keine Hoffnung, frische Tierspuren zu finden. An einem heruntergekommenen Bauernhof hielt ich an. Ich stieg aus dem Auto und … wenige Schritte entfernt waren ganz frische Luchsspuren! Der Luchs war hier keine 5 Minuten zuvor vorbeigekommen. Eine frühere Fährte wäre vom Schneefall überdeckt worden. Mit der „heißen“ Spur in Sicht war die Aufregung in der Seele des Fährtenlesers ins Unermessliche gestiegen.

Wer den Spuren eines Luchses folgt, weiß, dass die Aufgabe nicht einfach ist. Die Waldkatze klettert gern durch dichtes Buschwerk und springt leicht 2-3 Meter über Gräben und Bäche. In dieser Landschaft ist all dies vorhanden, was das Nachfolgen in der Fährte des Luchses schwierig macht. Zunächst gab es einige höhere Erlen, dann verschlungene und verschneite Vogelkirschen- und Faulbaumbüsche, danach einige Quellbäche. Und wieder Wasserhindernisse, die den Fährtensucher zwingen, zu krabbeln, einzubrechen, leise zu schwören … Wenn man auf der Spur bleiben will, muss man allen Launen des Luchses folgen.

Endlich erreichte ich den Rand eines sumpfigen Quellgebietes mit guter Sicht. Es wäre ein guter Platz gewesen, ein Foto des Luchses zu erhalten. Er war direkt über das offene Gebiet in eine Fichtengruppe gegangen. Hier in Deckung eines Strauches würde es sich lohnen, einen Köder anzuwenden. Ich wählte eine Pfeife, die den Angstschrei eines Hasen nachahmt und tat einen langen Pfiff, so wie ich mir dachte, dass ein Hase in Not ihn von sich gäbe. Stille! Ich wartete einige angespannte Minuten. Immer noch nichts! Ich versuchte, erneut zu rufen. Der Luchs war offenbar nicht bereit, nach dem nervenden Langohr zu suchen. Ich steckte die Pfeife zurück in meine Tasche und ging schauen, wohin der Luchs gegangen war.
Bald enthüllte sich eine überraschende Tatsache. Während ich Hasenrufe von mir gab, hatte der Luchs einen echten Hasen getötet! 

 
ilves on murdnud valgejänese
Der Luchs hat einen Schneehasen getötet und ihn eilig versteckt.
Foto: Ingmar Muusikus
 

Das Opfer erwies sich als Schneehase im Winterfell. Weil ich dem Luchs so schnell nachfolgte, hatte er keine Zeit gehabt, seine Beute zu fressen. Er hatte den Hasen versteckt, schnell Schnee über ihn gehäuft und war dann mit langen Sätzen geflüchtet. 

Ich machte mich auf den Weg, dem flüchtenden Luchs wieder zu folgen, und kam bald wieder dorthin zurück, wo ich die Hasen-Köderpfeife geblasen hatte. Nun waren frische Luchsspuren über meiner Spur. Der Gejagte war in entgegengesetzte Richtung geflohen, in des Verfolgers Spuren. Wir spielten noch mehrere Stunden Fangen und Verstecken. Natürlich wusste er, dass ihn ein Mensch verfolgte. Eine Weile dachte ich, es wäre besser, an Ort und Stelle zu bleiben und zu warten, bis er wieder zurückkehrte. Aber dann begannen wieder große Schneeflocken zu fallen , so dass ich befürchtete, die Spuren zu verlieren oder dass sich der Luchs zu weit entfernte. Wir machten eine Runde in einem schönen Moorbirkenstand und erreichten ein ausgelichtetes Gebiet mit jungen Espensträuchern, wo sich kein Mensch hindurcharbeiten kann.

Letztlich kam die Dämmerung und ich musste aufgeben. Ich hatte das Gefühl, dass der Luchs fest plante, zu dem getöteten Hasen zurückzugehen und ihn zum Abendessen zu sich zu nehmen. Als ich am nächsten Tag zurückkehrte, waren nur noch ein paar Fellbüschel übrig und um sie herum die schönen runden Pfotenabdrücke des Luchses.

Ingmar Muusikus

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